Stadtparlament Januar 2021
Am vergangenen Freitag kam die Marburger Stadtverordnetenversammlung zu ihrer letzten Sitzung vor der Kommunalwahl im März zusammen. Wobei der Wahlkampf in dieser Sitzung schon begonnen hat, zumindest ließ das die Tagesordnung vermuten. Diese versuchte jede Fraktion zu erweitern. Die Sozialdemokraten möchten einen Corona-Mietendeckel-Appel, die Grünen möchten das Bauen-Bauen-Bauen des Oberbürgermeisters relativieren, die Linken zu den insbesondere sozialpolitischen Auswirkungen einer zukünftigen Bebauung des Temmler-Areals sprechen, die Grünen zu außerschulischen Lernangeboten aufgrund der Pandemiesituation und schon wieder die Grünen zu einem umfassenden Mietendeckel.
Unser dringlicher Antrag hingegen kehrt zurück zur Sachpolitik: wir fragten, welche Pläne für eine Schulöffnung im Februar vorliegen. Die Fraktionsvorsitzende Lisa Freitag begründete unseren Antrag: „Wenn Mitte Februar die Marburger Schulen wieder ihr Pforten öffnen, wollen wir wissen, welchen Plan der Schulträger diesbezüglich hat. Sind genug Räume vorhanden? Gibt es Luftreinigungsgeräte? Wie funktioniert die parallele Notbetreuung? Was bedeutet eigentlich das Wechselmodell? Könnte eine Klasse beispielsweise in zwei Gruppen geteilt werden? Dann würde ein Lehrer zwei getrennte Lehrgruppen in verschiedenen Räumen betreuen — aber reicht dafür das Raumangebot aus? Wie sieht der Plan A aus, gibt es einen Plan B? Dies alles sind Fragen, die nicht nur uns interessieren, sondern vor Allem Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern, ja sogar die Hausmeisterei und die Schulleitungen! Diese verdienen Antworten auf die drängenden Fragen, um endlich Planungssicherheit zu haben. Alleine zu warten auf Beschlüsse vom Land, darf nicht die Handlungsmaxime des Schulträgers bleiben.“ Auch nutzte Lisa Freitag die Gelegenheit allen Eltern, Lehrkräften und auch den Erzieherinnen und Erziehern einen Dank für die geleistete Arbeit auszusprechen.
Stadträtin Dinnebier gab eine Antwort, sie lobte unsere richtigen Fragen, hatte aber selbst nur wenige konkrete Antworten. Zudem schob sie in schon bekannter Manier den schwarzen Peter weg zum hessischen Kultusministerium. Es seien Pläne vorhanden, bloß nennen wollte sie uns diese nicht. Immerhin habe die Anschaffung von CO2-Ampeln und Luftfiltern begonnen. Unser Nachhaken zu diesem Themenkomplex hatte wohl Erfolg.
Nach einer Aussprache der Grünen zum Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für ein Altenheim in Michelbach folgte ein Setzpunkt der SPD. Zu einer eigentlich unstrittigen Rahmenplanung für die Beltershäuser Straße beteiligte sich Christoph Ditschler, nachdem die SPD versucht hatte, sich selbst zu loben: „Nachdem unsere Fragen im Ausschuss nach der Größe des Planungsgebietes zufriedenstellend beantwortet wurden, können wir diesem Vorhaben zustimmen. Bei der Entwicklung dieses Areals müssen aber die Sorgen der Anwohner gehört werden: denn im Konzept ist von ‚urbaner Bebauung‘ die Rede. Dies darf nicht zu einer maximalen Nachverdichtung führen.“
Zum Zukunftskonzept Oberstadt sprach Hanke Bokelmann: „Die Oberstadt ist der Markenkern Marburgs. An diesem einzigartig wunderschönen Ort ist Einkaufen kein Warenerwerb, sondern Erlebnis. Allerdings erscheint der Zeitpunkt verkehrt: die Folgen der Lockdowns auf den stationären Einzelhandel sind noch nicht absehbar. Wir sollten kurz auf ‚Pause‘ drücken, sonst haben wir am Ende ein Konzept, welches schon veraltet ist, bevor es umgesetzt werden kann.“
Die nächste Debatte kam etwas ungewöhnlich zustande; wir hatten die Aussprache zu einem Antrag der Linken angemeldet, welche eine zusätzliche Tempo-30-Beschilderung fordert. Christoph Ditschler hierzu: „Tempo 30 wurde hier nur angeordnet, weil die Straße marode ist. Wenn dies das Zukunftskonzept der Linken und der SPD ist, um flächendeckend Tempo-30 einzuführen, endet das in Schlaglöchern für alle. Mit kaputten Straßen lässt sich aber keine Politik machen. Das geht auch zu Lasten der Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger.“
Verkehr blieb ein wichtiges Thema, in der nächste Debatte wollten die Linken den ÖPNV zumindest am Wochenende umsonst machen. Hanke Bokelmann hierzu: „Eine Umsonst-Kultur macht den ÖPNV nicht attraktiver. Denn wer vom Auto auf den Bus umsteigen möchte, lässt sich von gesparten zwei Euro nicht überzeugen. Unsere Vorschläge sind da eher qualitativer Natur: schnellere Busse, bessere Busse, bessere Vernetzung — das sind ziehende Argumente. Zur besseren Vernetzung hatten wir bereits einen Antrag gestellt, welche die Echtzeit-Fahrplänen in mobile Kartenapps forderte. Dieser Schritt wurde jedoch abgelehnt, aber wir bleiben dran. Marburg muss für Autofahrer von außerhalb erreichbar bleiben, als Oberzentrum erfüllen wir eine wichtige Funktion.“
Die letzte Aussprache der Wahlperiode war von der CDU gewünscht worden. Wieder einmal ging es um einen alten Bekannten, das BiBaP (BildungsBauProgramm). Hierzu Lisa Freitag: „Das BiBaP soll hier als Erfolgsgeschichte verkauft werden, aber von der CDU? Eigentlich war es doch der Oberbürgermeister, der sich mit diesen Federn schmückte. Übrigens ohne Grund: hier werden Pflichtaufgaben als Kür verkauft. Notwendiger Brandschutz als Erfolgsmeldung? Fassadenrenovierung nur zur Straße hin, wie in einem potemkischen Dorf? Statt auf Einzelmaßnahmen zu schauen, sollte man das große Ganze nicht aus dem Blick nehmen. Denn Schule kann so viel mehr: wir brauchen eine Vision für die Lehr- und Lernorte der Kinder dieser Stadt. Lassen Sie uns das in der nächsten Wahlperiode gemeinsam angehen!“